Seit fünf Jahren beschäftigen die Pläne des Städtische Eigenbetriebes Behindertenhilfe (SEB) den Leipziger Stadtrat und den von Großpösna, am Ufer des Störmthaler Sees einen großen inklusiven Campingplatz zu bauen. Insbesondere der gewählte Standort an einem bis jetzt unverbauten Ufer des Sees sorgte immer wieder für heftige Kritik. Die Unbebautheit hat auch Folgen, denn das Gelände muss erst aufwendig erschlossen werden. Doch mit dem aktuell diskutierten Landeshaushalt steht die Erschließung auf der Kippe. Denn die dafür vorgesehenen sogenannten § 4-Mittel wurden drastisch zusammengestrichen.

Dabei wurden erst einmal sämtliche Projekte gestrichen, die in den Bergbaufolgelandschaften noch nicht begonnen wurden. Die Erschließung des geplanten Campingplatzes gehört dazu. Immerhin handelt es sich nach den letzten Berechnungen um 8,7 Millionen Euro, die dafür nötig wären. Eine Stange Geld, die auch die Gemeinde Großpösna nicht aus eigener Kraft zuschustern kann.

Mitte April schrieben deshalb der Bürgermeister von Großpösna Daniel Strobel, Leipzigs OBM Burkhard Jung und SEB-Betriebsleiter Peter Böhmer einen Brief an die beiden Regierungsparteien SPD und CDU, bekamen aber natürlich erst einmal nur ausweichende Antworten. Denn Landtag und Regierung stecken gerade mittendrin in den Haushaltsverhandlungen und müssen für die beiden Jahre 2025 und 2026 Löcher von rund vier Milliarden Euro stopfen.

Zumindest – so berichtete der MDR – hätte die CDU signalisiert, derzeit wäre „die Sächsische Aufbaubank in enger Abstimmung mit dem Landkreis und der Gemeinde Großpösna, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“

Auch der Campingplatz selbst wird teurer

Der Campingplatz hat auch in Leipziger Stadtrat immer wieder für heftige Diskussionen gesorgt. Anfangs für 22 Millionen Euro kalkuliert, stieg der benötigte Geldeinsatz 2023 auf 33 Millionen Euro.

Und für Frank Beutner vom UferLeben Störmthaler See e.V. stellt sich die Frage, ob hier nicht eigentlich an der völlig falschen Stelle geplant wurde, an einem artenreichen Uferabschnitt, der erst mit Millionenkosten erschlossen werden muss, während auf der benachbarten Magdeborner Halbinsel noch jede Menge schon erschlossener Baugrund existiert, wo man ohne Probleme auch einen großen inklusiven Campingplatz unterbringen könnte. Eine Idee, die die nicht neu ist. UferLeben hat diesen Vorschlag auch schon vor vier Jahren gemacht.

Nur verbaten sich die Bürgermeister in Leipzig und Größpösna darüber jede Diskussion. Auch wenn nie erklärt wurde, warum eine Installation des Campingplatzes auf der Halbinsel nicht möglich sein sollte.

Das sollte eigentlich auch die sächsische Staatsregierung interessieren, findet Frank Beutner. Im Namen seines Vereins hat er deshalb einen Offenen Brief an Finanzminister Christian Piwarz geschrieben, in dem er noch einmal erläutert, warum ein Campingplatz auf der Magdeborner Halbinsel die bessere und kostengünstigere Idee wäre. Und wie diese Verlagerung gleichzeitig dem Naturschutz dienen würde.

Der Offene Brief

Dreiskau-Muckern, 17. Mai 2025

Kostenreduzierender Vorschlag für das SEB-Inklusionsvorhaben am Störmthaler See

Sehr geehrter Herr Staatsminister Piwarz,
sehr geehrte Damen und Herren,

seit 2017 verfolgen wir als ortsansässiger Verein die Vorhabenplanung für das Gebiet östlich der Grunaer Bucht am Störmthaler See in der Gemeinde Großpösna. Über die kürzlichen Berichte in der Leipziger Volkszeitung und im MDR haben wir von einem Finanzkonflikt und dem möglichen Aus des Inklusionsvorhabens des Städtischen Eigenbetriebes Behindertenhilfe Leipzig (SEB) erfahren. Diese Beiträge lassen den Eindruck entstehen, dass die Umsetzung des Projekts allein aufgrund fehlender Mittelfreigabe durch den Freistaat Sachsen gefährdet sei.

Wir als Verein UferLeben befürworten das Projekt inhaltlich prinzipiell und haben daher bereits frühzeitig auf die infrastrukturellen und naturschutzfachlichen Herausforderungen im Areal östlich der Grunaer Bucht hingewiesen. In Anbetracht des aktuellen Finanzkonfliktes möchten wir nun die Gelegenheit nutzen, um Sie auf eine Alternative hinzuweisen, die dazu beitragen könnte, die Realisierung des Vorhabens ohne zusätzliche Forderungen an den Freistaat Sachsen zu ermöglichen. Zudem möchten wir auf weitere Unwägbarkeiten aufmerksam machen, die eine Umsetzung des Projekts im Areal östlich der Grunaer Bucht unabhängig von dem Finanzierungsaspekt gefährden könnten.

Alternativstandort Magdeborner Halbinsel

Eine Verlagerung des Vorhabens auf die Magdeborner Halbinsel würde die bauliche Umsetzung erheblich erleichtern, die Kosten senken und durch Synergien mit bereits ansässigen Akteuren weitere Vorteile bieten. Die Halbinsel liegt in unmittelbarer Nähe zum aktuellen Planungsstandort und ist bereits verkehrstechnisch, inkl. ÖPNV-Anbindung sowie mit allen notwendigen Medien erschlossen. Im Gegensatz dazu ist das Areal östlich der Grunaer Bucht bis auf einen Radweg unerschlossen. Die ausgeprägte Uferböschung machen eine barrierefreie Erschließung besonders herausfordernd und kostenintensiv.

Obwohl die Magdeborner Halbinsel mit hohem Aufwand und Mitteln der Tagebausanierung für Freizeit- und Erholungsnutzung hergerichtet wurde, fehlen für große Flächenanteile noch langfristige Nutzungskonzepte.

Im Osten der Halbinsel ist ein Ferienressort mit Hafenanlage, Ferienwohnungen und Gastronomie etabliert, ein weiteres ist im Norden geplant. Zentrale, westliche und südliche Bereiche sind bislang weitgehend ungenutzt – hier ließe sich das inhaltliche Konzept des Inklusionsvorhabens wie geplant umsetzen. Bereits vorhandene barrierefreie Zugänge zum Strand, Hafen und Gastronomie erleichtern den Ausbau erheblich. Diese Synergien mit den anderen Akteuren auf der Halbinsel könnten vielfältiger genutzt werden als im Areal östlich der Grunaer Bucht. Ein erster Kontakt zum nördlichen Betreiber zeigt Offenheit für eine Kooperation und gemeinsame Entwicklung.

Naturschutzfachliche und bauplanerische Unwägbarkeiten

Entgegen der Aussage, dass „das Stadt-Umland-Projekt von allen Ebenen gewollt sei“, äußern Anwohner und Naturschutzverbände seit Jahren Kritik an der Planung für das Areal östlich der Grunaer Bucht.

Selbst für die untere Naturschutzbehörde als ein wesentlicher Träger öffentlicher Belange bestanden im finalen Entwurf zum Bebauungsplan noch viele Bedenken. Diese Auffassung teilen die vor Ort beteiligten Umweltverbände und haben das im Rahmen ihrer Stellungnahmen im Beteiligungsprozess bereits zum Ausdruck gebracht.

Es besteht Bereitschaft, diese gemeinsame Rechtsauffassung durch die Gerichte überprüfen zu lassen. Letztendlich wurden mehr als zwanzig Einwände von der uNB und den Naturschutzakteuren im Abwägungsprozess als „nicht berücksichtigt“ oder nur „teilweise berücksichtigt“ quittiert. Der Bebauungsplan wurde im Mai 2024 vom Gemeinderat Großpösna beschlossen, ist jedoch noch nicht rechtskräftig veröffentlicht. Daher sind weitere Verzögerungen bei der Umsetzung zu erwarten, die unter bestimmten Bedingungen das Projekt inhaltlich oder zeitlich unmöglich machen könnten.

In Anbetracht dieser Punkte betrachten wir die vermeintlich unzureichende Förderung durch den Freistaat Sachsen keinesfalls als K.-o.-Kriterium. Vielmehr bietet sich jetzt die Chance, eine vorteilhaftere Lösung zu finden. SEB und die Stadt Leipzig sind mit der Alternative seit 2021 vertraut. Eine Diskussion zum Alternativstandort lief damals im Stadtrat Leipzig aus formalen Gründen ins Leere, könnte nun aber unter den aktuellen Gesichtspunkten nochmal aufgenommen werden.

Die Ausgaben der Stadt Leipzig für die bereits erworbene Fläche wären keinesfalls frustriert; sie können als Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen der Stadt Leipzig genutzt werden. Die Uferzone östlich der Grunaer Bucht könnte aufgrund ihrer außergewöhnlichen Biotop- und Artenvielfalt als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden – der Naturschutzbund (NABU) hat bereits die Schutzwürdigkeit großer Anteile des Areals bestätigt10. Hier könnte modellhaft eine Symbiose aus Naturschutz und Erholung neu entwickelt werden.

Wir sind zuversichtlich, dass die aufgeführten Argumente mit Ihrer Unterstützung die Umsetzung des SEB-Inklusionsvorhabens auch in der aktuell angespannten Situation ermöglichen könnten. Damit würden sowohl soziale, ökonomische als auch ökologische Aspekte optimal berücksichtigt, was letztlich allen Beteiligten zugutekommt.

Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand des UferLeben e.V.

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