Vier junge Menschen befinden sich seit Donnerstag im Hungerstreik. Drei Tage lang wollen sie auf Nahrung verzichten, um auf die Haftbedingungen in Ungarn und der Türkei aufmerksam zu machen. „Die Situation in beiden Ländern ist momentan so bedrohlich und extrem, dass normale Protestformen einfach nicht ausreichen“, sagt Felix*, ein Aktivist der linken Gruppe „Young Struggle“.

Der Leipziger Hungerstreik ist Teil einer internationalen Kampagne: In Städten wie Frankfurt und Köln wurde bereits gestreikt, weitere Aktionen seien in Basel, Berlin, Hamburg und London geplant, so Felix. Die beteiligten Gruppen verzichten jeweils für drei Tage auf Nahrung.

Hintergrund: Der Fall Maja

Auslöser der Proteste ist unter anderem der Fall von Maja. Der Person wird vorgeworfen, sich im Februar 2023 in Budapest an Angriffen auf Teilnehmende des sogenannten „Tags der Ehre“ beteiligt zu haben – einer jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltung, die vor allem von Rechtsextremen und Neonazis besucht wird. Laut Haftbefehl sollen Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt worden sein. Mehrere Personen seien teils schwer verletzt worden.

Nach dem Vorfall tauchte Maja unter und wurde später in Deutschland festgenommen. Ende Juni 2024 erfolgte die Auslieferung nach Ungarn – trotz eines Eilantrags beim Bundesverfassungsgericht, das die Auslieferung wenige Stunden später untersagte und die Rückführung nach Deutschland anordnete. Diese wurde nicht umgesetzt. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft begründete die Eilauslieferung mit der Sorge vor möglichen Störaktionen aus dem linksextremen Spektrum.

Der rechtspolitische „Verfassungsblog“ kritisierte das Verhalten der Behörden als „rechtsstaatswidrig“, da es die Rolle des Bundesverfassungsgerichts untergrabe. In der Urteilsbegründung des Gerichts zweifle man unter anderem auch daran, ob Ungarn ausreichenden Schutz für nicht-binäre Personen gewähre. Maja drohen dort laut Medienberichten bis zu 24 Jahre Haft. Der Prozess läuft.

Hungerstreik wegen Haftbedingungen

Seit der Entscheidung des Budapester Gerichts, die Untersuchungshaft vorerst bis zum 20. Juni zu verlängern, befindet sich Maja laut eigener Aussage im Hungerstreik. Die ungarischen Behörden äußerten Zweifel daran. Majas Anwalt möchte mit einem medizinischen Gutachten dagegen juristisch vorgehen.

Maja kritisiert in einer schriftlichen Erklärung verschiedene Haftbedingungen, darunter Isolationshaft, eingeschränkter Zugang zu Nahrung, mangelnde Hygiene und Überwachung. Eine offizielle Stellungnahme der ungarischen Behörden liegt bislang nicht vor. Maja fordert, nach Deutschland zurückgebracht zu werden, um das Verfahren von dort aus zu begleiten.

Ungarns Menschenrechtspraxis steht international seit Jahren in der Kritik. Das Europäische Parlament äußerte Anfang 2024 „große Besorgnis über die anhaltende Aushöhlung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten in Ungarn“. Die ungarische Regierung weist die Vorwürfe zurück.

Solidarität mit Gefangenen in der Türkei

Der Leipziger Hungerstreik richtet sich auch gegen die Haftbedingungen politischer Gefangener in der Türkei – insbesondere in Gefängnissen, die auf Isolationshaft ausgelegt sein sollen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch berichten seit Jahren über systematische Missstände, insbesondere in sogenannten Typ-F-Gefängnissen. Dazu zählen langanhaltende Einzelhaft – die nach internationalen Standards als unmenschliche Behandlung gilt – sowie körperliche und psychische Misshandlungen.

Begleitend zum Hungerstreik fanden Mahnwachen auf dem Leipziger Augustusplatz statt. Zudem wurden Briefe an Inhaftierte in Ungarn und der Türkei verschickt. Am Samstagabend sollte die Aktion mit der Teilnahme an einer bundesweiten Antifa-Demonstration in Jena enden.

*Name von der Redaktion geändert

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