Der Freistaat Sachsen ist in einigen wichtigen Parametern Schlusslicht in Deutschland. Dazu gehören auch die CO₂-Emissionen, die aufgrund der nach wie vor ungebremsten Verbrennung von Braunkohle einen Spitzenwert in Deutschland einnehmen. Und zwar einen ziemlich heftigen: „Im Freistaat Sachsen ergaben sich im Berichtsjahr 2022 auf Basis des Primärenergieverbrauchs energiebedingte CO₂-Emissionen in Höhe von fast 51 Millionen Tonnen“, meldete jetzt das Statistische Landesamt zur Veröffentlichung der neuen Kurzpublikation „Im Blickpunkt: CO₂-Bilanz im Freistaat Sachsen.“

Und beinah flapsig vermeldete man dazu: „Wussten Sie beispielsweise, dass … im Berichtsjahr 2022 im Durchschnitt auf jede Sächsin bzw. jeden Sachsen rund 12,5 Tonnen CO₂ aus energiebedingten Emissionen entfielen (Deutschland: 7,8 Tonnen CO₂ je Einwohnerinnen und Einwohner)?“

Während also auf jeden Einwohner der Bundesrepublik im Schnitt 7,8 Tonnen CO₂ kommen, lag der sächsische Wert fast 60 Prozent höher. Der Grund dafür ist simpel, auch wenn ihn die Meldung des Statistischen Landesamtes hinter dem schönen Wort „Umwandlungsbereich“ versteckt, „welcher der Erzeugung von Strom und Fernwärme dient, in Sachsen 2022 etwas mehr als zwei Drittel der Emissionen umfasste“.

Emissionen hoch nach Corona

Umwandlungsbereich – das sind vor allem die sächsischen Kohlekraftwerke, die 2022 allein für 32,7 Millionen Tonnen CO₂ in der sächsischen Bilanz verantwortlich waren. Das war sogar wieder deutlich mehr als im Vorjahr, berichtet das Statistische Landesamt – eine Zunahme von 16 Prozent.

Die Broschüre „Im Blickpunkt: CO₂-Bilanz im Freistaat Sachsen“

Sodass sich der Trend seit 2010 bestätigte, dass Sachsen seinen CO₂-Ausstoß einfach nicht gesenkt bekommt. In den Jahren 2020 und 2021 gab es zwar einen deutlichen Rückgang der Emissionen – bedingt durch die wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. Aber 2022 wurden die Kohlemeiler wieder hochgefahren und es wurden wieder die Treibhausgasemissionen der Jahre 2017 und 2018 erreicht.

„Die Emissionen aus dem Verbrauch von Gasen nahmen hingegen gegenüber dem Vorjahr um etwas mehr als ein Zehntel auf 7,4 Millionen Tonnen ab. Auf den Verbrauch von Mineralölen bzw. Mineralölprodukten entfiel 2022 etwa ein Fünftel aller Emissionen (10,6 Millionen Tonnen), fast 3 Prozent mehr als 2021“, berichtet das Statistische Landesamt.

Der Verbrauch von Mineralölen resultiert natürlich fast komplett aus dem Verkehrssektor, der 2022 wieder deutlich zulegte, wie das Statistische Landesamt feststellte, sodass „der sächsische Verkehrssektor im Jahr 2022 durch den Verbrauch fossiler Energieträger mit 7,6 Millionen Tonnen CO₂ 4 Prozent mehr Emissionen als im Vorjahr verursachte?“

Sachsens schmutziger Strom-Export

Klares Zeichen dafür, dass Sachsen noch nicht einmal ansatzweise auf Klimakurs ist, auch wenn das Statistische Landesamt wieder auf die großen Erfolge bei der CO₂-Reduktion seit 1990 verweist. Aber diese Reduktion beruhte ausschließlich auf dem Abwracken der völlig verschlissenen Industrie aus DDR-Zeiten mit ihren enormen Emissionen.

Darauf kann sich heute keine Regierung mehr ausruhen. Tatsächlicher Maßstab müssen die Emissionen von 2000 sein, als Sachsen sogar schon mal auf 41 Millionen Tonnen CO₂ kam, bevor die Kohlekraftwerke wieder ihre Kostenvorteile in einem Markt ausspielten, in dem Kohlestrom zu den scheinbar „billigsten“ Stromvarianten gehörte. Was auch dazu führt, dass ein Großteil des in Sachsen mit Braunkohle erzeugten Stroms gar nicht hier verbraucht wird, sondern exportiert wird.

Sachsen produziert also ziemlich dreckigen Strom, der dann in die Nachbarländer exportiert wird.

„Der bedeutendste Energieträger des Umwandlungsbereichs ist in Sachsen die Braunkohle. Im Umwandlungsbereich entfielen 94 Prozent der CO₂-Emissionen auf die Stromerzeugung und 6 Prozent auf die Fernwärmeerzeugung. Zu beachten ist hierbei, dass diese Emissionen immer dem Erzeugerland zugeordnet werden, auch wenn – wie am Beispiel des Freistaates Sachsen – ein großer Teil des erzeugten Stroms ausgeführt wird“, heißt es in der Publikation der Statistischen Landesamtes.

Sachsen brauchen gar nicht so viel (Kohle-)Strom

Wie viel das tatsächlich ist, wird deutlich, wenn die Broschüre die Verursacherbilanz daneben stellt. Eine Verursacherbilanz stellt dar, wie viele CO₂-Emissionen einem Land aufgrund des eigenen Energieverbrauchs zuzurechnen sind.

Die CO2-Emissionen nach dem Verursacherprinzip in Sachsen 2022. Grafik: Freistaat Sachsen, Statistisches Landessamt
CO₂-Emissionen nach dem Verursacherprinzip in Sachsen 2022. Grafik: Freistaat Sachsen, Statistisches Landessamt

„Gemäß der Verursacherbilanz, die die gesamten Emissionen im Zusammenhang mit dem Endenergieverbrauch aufzeigt, betrugen 2022 die Gesamtemissionen 27,6 Millionen Tonnen“, merkt die Publikation an. „Im Vergleich zu 1990 fielen sie somit um mehr als die Hälfte geringer aus. Im zehnjährigen Vergleich lagen sie knapp 10 Prozent niedriger.“

Das heißt: Im Endenergieverbrauch ist Sachsens Klimaschädlichkeit sogar gesunken. Nach dem Endenergieverbrauch kämen die Sachsen tatsächlich nur auf 6,9 Tonnen CO₂ pro Kopf. Und das Meiste davon entfällt auf den Verkehr mit über 10 Millionen Tonnen CO₂ aus der Verbrennung von Mineralölprodukten. 9 Millionen Tonnen entfallen auf den Stromverbrauch, über 5 Millionen Tonnen auf das Verheizen von Erdgas und 2 Millionen Tonnen auf die Nutzung von Fernwärme.

Was auch heißt: Der größte Teil des in Sachsen mit Braunkohle erzeugten Stroms wird gar nicht in Sachsen verbraucht, sondern exportiert. Eben auch in Bundesländer, die einerseits von billigem (Kohle-)Strom profitieren, sich aber gleichzeitig als Klimamusterknaben darstellen. Die sie aber nicht sind.

Wirklich bessern wird sich die sächsische Klimabilanz erst, wenn die Kohlemeiler einer nach dem anderen vom Netz gehen und der Strom zunehmend aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.

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