In immer mehr Regionen Deutschlands wird das Grundwasser knapp. Auch in Sachsen. Das ist das zentrale Ergebnis einer am Montag, dem 16. Juni, veröffentlichten Studie des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Untersuchung, die das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des BUND durchgeführt hat, zeigt: In Sachsen wird in drei Landkreisen mehr Grundwasser entnommen, als sich durch Niederschläge neu bilden kann. Betroffen sind die Stadt Dresden und die Landkreise Görlitz und Leipzig.
Wobei in Landkreis Leipzig besonders der Bergbau zur prekären Wassersituation beiträgt. Die Studie zeigt auch: Die Klimakrise verschärft das Problem. Deutschlandweit sind 94 Landkreise von akutem Grundwasserstress betroffen. Hier sind die Grundwasserstände in den letzten Jahren signifikant gesunken. In nahezu allen Bundesländern haben die Grundwassermessstellen neue Tiefststände verzeichnet.
Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, sagt dazu: „Unsere Grundwasserreserven werden systematisch übernutzt – dabei verpflichtet uns die EU-Wasserrahmenrichtlinie schon seit Jahren, den guten Zustand des Grundwassers zu sichern. Die Umsetzung zieht sich – wir brauchen endlich 7-Meilen-Stiefel statt weiterer Verzögerungen. Dürreperioden und Extremwetterlagen, die eine Folge der Klimakrise sind, verschärfen die Lage weiter.“
Übernutzung durch Trinkwasser, Industrie, Bergbau und Landwirtschaft
Die Studie analysiert erstmals deutschlandweit flächendeckend, wo und von wem Grundwasser in Deutschland genutzt wird. Über die Hälfte des Grundwassers wird für die Versorgung mit Trinkwasser entnommen. Mittels Fernleitungen wird es teils mehrere hundert Kilometer weit in größere Städte transportiert. Die Lausitz ist von strukturellem Grundwasserstress betroffen.
Das bedeutet, die Grundwasserentnahmen überschreiten um 20 % die langjährige Grundwasserneubildung. Hier zeigen sich die weitreichenden Folgen des Braunkohleabbaus. Auch wenn die Landwirtschaft bisher nur einen kleineren Anteil am Gesamtverbrauch hat: In den letzten Trocken- und Dürrejahren ist ihr Bedarf gestiegen.
Handlungsempfehlungen: Transparenz, Entgelte, Schutz vor Verschmutzung
Die Nationale Wasserstrategie der Bundesregierung sieht viele wirksame Maßnahmen vor, die zeitnah umgesetzt werden sollten. Der BUND fordert:
Weniger verbrauchen und fair verteilen: Deutschland kommt nicht umhin, seinen Verbrauch zu drosseln. Nutzungen müssen priorisiert werden, damit Mensch und Natur verlässlich mit Wasser versorgt werden. Zu einem gerechten Wasser-Zugang gehört, dass alle einen fairen Preis zahlen. Aktuell sind die Entgelte Ländersache, (Groß-)NutzunÂgen mancherorts kostenfrei.
Sauber halten: Ewigkeitschemikalien wie PFAS, Pestizide, Nährstoffe und Arzneimittel machen es für Wasserversorger immer schwerer und teurer, hochwertiges Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Die Herstellung und Nutzung dieser Stoffe muss eingeschränkt werden.
Wasservorräte stärken: Humusreiche Böden, naturnahe Wälder und Flüsse, strukturreiche Auen, nasse Moore und sogenannte Schwammstädte helfen, dass der Boden die NiederÂschläge wieder besser halten kann. Gezielte Fördermaßnahmen sind nötig, um Widerstandsfähigkeit und Renaturierung dieser Ökosysteme zu stärken.
Wasser als Lebensgrundlage
„Wasser ist unsere Lebensgrundlage. Es wird verschmutzt und ist knapp. Wir fordern eine beschleunigte, dezentrale Energiewende und ein verbindliches Klimaschutzgesetz für Sachsen“, erklärt Felix Ekardt.
Grundwasser ist eine besonders wichtige Ressource. Mehr als zwei Drittel des Trinkwassers werden aus ihr gewonnen. Ebenso versorgt das Grundwasser Pflanzen und Böden und speist Bäche und Flüsse. Darüber hinaus ist es selbst ein einzigartiges Ökosystem für Kleinsttiere und Mikroorganismen. Aber auch für wirtschaftliche Zwecke sind wir abhängig vom Grundwasser.
Allerdings sieht sich Deutschland, traditionell als wasserreiches Land angesehen, zunehmend mit Problemen der Wasserverfügbarkeit konfrontiert. Neben Verschmutzungen durch Nitrat, Phosphat, Ewigkeitschemikalien (PFAS) sowie Pflanzenschutz- und Arzneimittel, stellt auch die Verfügbarkeit von Wasser in bestimmten Regionen und zu bestimmten Zeiten eine Herausforderung dar.
Diese Entwicklungen führten bereits zu Konsequenzen für die öffentliche und nichtöffentliche Wasserversorgung, für Ökosysteme und Gewässer: Einschränkung der Schiffbarkeit auf dem Rhein, großflächiges Waldsterben, Ernteausfälle. Gleichzeitig kommt es immer wieder zu Starkregen und Überflutungen.
Zusätzlich zu diesen klimatischen Entwicklungen erhöhen auch verändertes Nutzungsverhalten und ökonomische Transformationen den Druck auf die Wasserressourcen in Deutschland. Heiße, trockene Sommertage lassen den Wasserbedarf von Privathaushalten, Kühlungs- und Bewässerungsanlagen sprunghaft ansteigen.
Im Hitzesommer 2023 wurde beispielsweise in über 80 Landkreisen eingeschränkt, wie viel Wasser entnommen werden darf. Außerdem kann die Ansiedelung von wasserintensiven Rechenzentren, Batterie- oder Halbleiterfabriken den gegenwärtigen Wasserbedarf in bestimmten Regionen langfristigen erhöhen. Wenn aber die Ressourcennutzung das natürliche Wasserangebot übersteigt, kommt es zu Wasserstress und infolgedessen zu negativen Auswirkungen für Mensch und Natur.
Die Studie zum Wasserstress des BUND findet man hier.
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